Etwa 4,5 Billionen Zigarettenstummel verschmutzen jährlich die Umwelt. Welchen Einfluss sie auf unsere Natur haben und was du dagegen tun kannst, erfährst du hier.
Zigarettenstummel sind das weltweit am häufigsten unsachgemäß weggeworfene Abfallprodukt. Die WHO bestätigt: Pro Jahr verschmutzen zwischen 340 und 680 Millionen Kilogramm auf den Boden geworfene Zigarettenstummel unsere Umwelt. Vor allem an Stränden und in Städten findet man sie, doch auch in unseren Meeren. Laut der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen zum Thema Zigarettenkippen und ihre Umweltverschmutzung befinden sich Zigarettenstummel an der deutschen Ostseeküste und an der Nordsee unter den Top 20 der Abfallfunde.
Auch wenn aufwändige Aufräumarbeiten weitere Folgeschäden vermeiden können – Zigarettenstummel sollten gar nicht erst auf dem Boden landen.
Woraus bestehen Zigarettenstummel?
Gebrauchte Zigarettenstummel bestehen nicht nur aus den Resten des Tabaks, sondern auch aus dem Zigarettenfilter. Der Tabak selbst verursache laut Bundesregierung kaum Probleme für die Umwelt, da es sich hierbei um ein Naturprodukt handelt.
Anders ist das beim Filter: Er besteht aus sogenanntem „Celluloseacetat“. Dabei handelt es sich um einen biobasierten Kunststoff, der chemisch verändert wird. Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling betont vor dem Bundesministerium für Umwelt, dass sogenanntes „Bioplastik“ weder recycelbar noch kompostierbar ist. Zigarettenstummel in den Biomüll zu werfen gefährde also den Nutzen der Bioabfallsammlung.
Es sind jedoch nicht nur die Filter selbst – auch die Chemikalien, die beim Verbrennen der Zigarette entstehen, können Schäden verursachen. Es bleibt eine Liste an giftigen und unter anderem krebserregenden Schadstoffen im Zigarettenstummel zurück:
- Nikotin (ein bekanntes Nervengift)
- Arsen (umgangssprachlich als „Mordgift“ bekannt)
- Chrom
- Kupfer
- Blei (toxisches Schwermetall, das bekanntlich im Alten Rom zu chronischen Vergiftungen führte)
- Cadmium
- Formaldehyd
- Benzol (krebserregend und knochenschädigend)
- Nitrosamine
- Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)
Letztere können sich laut Umweltbundesamt im Körper anreichern und wirken krebserregend.
Effekte der Zigarettenstummel auf die Natur
Wie schnell sich eine Zigarettenkippe abbaut, ist laut Bundesregierung abhängig von Umweltbedingungen wie der Temperatur, der Luft- und Bodenfeuchtigkeit und dem pH-Wert. Unter „optimalen“ Bedingungen kann eine Zigarettenkippe nach zwei bis drei Jahren vollständig abgebaut sein. Doch könnte es laut Quarks bis zu 15 Jahre dauern, bis sie sich komplett zersetzt. Bevor sich die Kippe mitsamt Filter und den darin enthaltenen Chemikalien jedoch vollständig abbaut, kann sie einige Schäden anrichten:
Einfluss auf unsere Böden, Grundwasser und Nahrungskette:
- Laut einer Studie der TU Berlin müssen die Stummel gerade mal 30 Minuten lang auf dem Boden liegen, bis sich die Hälfte des enthaltenen Nikotins herausgelöst hat.
- Die giftigen Stoffe aus der Kippe können, wenn sie nicht rechtzeitig von den Straßen entfernt werden, durch den Regen in Böden und Grund- und Oberflächenwasser geschwemmt werden.
- Sie können dort lebende Organismen schädigen und potentiell in die Nahrungskette gelangen.
- Da es gemäß der Trinkwasserverordnung regelmäßig auf PAK untersucht wird, ist der Bundesregierung eine Beinträchtigung des Trinkwassers bisher nicht bekannt.
- Das Magazin Ecotoxicology and Environmental Safety präsentiert eine Studie, die zeigt, dass Zigarettenstummel bei manchen Pflanzen sogar das Pflanzenwachstum hindern können.
- Vögel und andere Tiere können Zigarettenstummel mit Nahrung verwechseln und damit zum Beispiel ihre Jungen „füttern“. Das kann zu Verstopfungen, zum Verhungern und zu Vergiftungen führen.
Einfluss auf das Ökosystem unserer Meere:
- Laut Dr. Ilka Peeken vom Alfred-Wegener-Institut bauen sich die Zigarettenfilter im Salzwasser bedeutend schlechter ab. Hier könne es sogar bis zu mehreren hundert Jahren dauern.
- Meerestiere können die Zigarettenfilter mit Nahrung verwechseln.
- Die giftigen Schadstoffe können ungeahnte Auswirkungen auf verschiedene Meereslebewesen haben. Erwiesen wurden folgende auf sogenannte Seeringelwürmer: In Versuchen zeigten die Tierchen auffallende Veränderungen wie signifikant längere Eingrabungszeiten, erhebliche Gewichtsverluste von mehr als 30 Prozent und erhebliche DNA-Schäden auf – und dies sogar bei Schadstoffkonzentrationen, die deutlich geringer waren als sie aus städtischen Oberflächenabflüssen bekannt sind.
- Andere Studien wiesen ebenfalls negative Verhaltens- und Genveränderungen sowie erhöhte Todesraten bei Einzellern, Wasserflöhen, Krebstieren und Fischen nach. Laut Thomas Novotny, einem US-amerikanischen Forscher der erwähnten Studie, könne eine Zigarettenkippe in einem Liter Wasser sogar die Hälfte der darin enthaltenen Fische töten.
- Sogar im Packeis der Arktis haben Forscher des AWI kleine Celluloseacetat-Partikel gefunden, welche vermutlich von Zigarettenfiltern stammen.
Also wohin mit den Zigarettenstummeln?
Zigarettenstummel gehören ausschließlich an einen Ort: in den Restmüll. Bist du unterwegs und findest keinen Mülleimer in der Nähe, lohnt sich ein sogenannter Taschenaschenbecher. So kannst du deine Kippen einfach hineinwerfen und den Aschenbecher später im Hausmüll entleeren. Einen solchen Taschenaschenbecher findest du zum Beispiel hier auf **Amazon. Oder du verwendest eine kleine, gut verschließbare Dose, die du im Anschluss säubern kannst.
Weitere negative Folgen für die Umwelt entstehen laut Bundesregierung durch Zigarettenstummel im Restmüll nicht.
Was tut sich auf politischer oder wirtschaftlicher Ebene?
Die Probleme entstehen also erst, wenn die Zigarettenkippen achtlos weggeworfen werden. Das ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit Bußgeld geahndet wird. Allerdings kommt es selten vor, dass Polizist*innen Raucher dabei beobachten können, wie sie ihre Zigarettenstummel wegwerfen.
Das Bundesumweltministerium fordert, dass Hersteller von Wegwerfartikeln sich künftig an den Kosten für die Stadtreinigung beteiligen sollen. Tatsächlich soll hierfür in den nächsten Jahren die Rechtsgrundlage basierend auf der EU-Einweg-Kunststoffrichtlinie aus dem Mai 2019 geschaffen werden.
Eine weitere Lösung wäre die Veränderung der Filter: Laut Novotny helfen die Filter in den Zigaretten der Gesundheit nicht wirklich, da sie durch die Dämpfung zu mehr Rauchen motivieren. Ein anderes Material könnte zwar auch helfen, doch seien in Frankreich bereits Papierfilter getestet worden, die bei Rauchern aufgrund des Geschmacks keinen Anklang fanden.
Die Regierung setzt auf bessere Aufklärung der Menschen: Sie sollen wissen, was sie der Umwelt antun. Ähnlich wie bei den Auswirkungen auf die Gesundheit könnten die Schäden auf die Umwelt auf die Zigarettenverpackungen gedruckt werden. Ob ein erhöhtes Umweltbewusstsein zu weniger Rauchen führt, ist jedoch fraglich. Die Reduktion der Rauchenden selbst würde das Problem auf jeden Fall dezimieren.
Zukünftig sollen in Deutschland strengere Gesetze bezüglich Tabakwerbung und Kinobesuchen gelten: Außenwerbung soll ab Januar 2022 nur noch für Schaufenster von Fachhändlern erlaubt sein, Kinowerbung ohne Jugendfreigabe soll ab Januar 2021 gänzlich Tabakfrei sein.
Unsachgemäß entsorgte Zigarettenstummel: Was kannst du tun?
- Mach bei privaten oder kommunalen Säuberungsaktionen mit: Sowohl mit Freunden oder auch bei Aktionen in deiner Stadt kannst du die Straßen und vor allem Parks und Wälder durchforsten und mit anderen Leuten gemeinsam Zigarettenstummel aufsammeln.
- Informiere andere über Aktionen wie „Die Aufheber„: Die in Berlin gestartete Kampagne ruft die Menschen dazu auf, jeden Tag drei Stück Müll vom Boden aufzuheben und ordnungsgemäß wegzuwerfen. Das hilft nicht nur gegen die Verschmutzung durch Zigarettenstummel.
- Der Initiator der vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit geförderten Initiative „Cleanup Network“ Stephan von Orlow plädiert sogar für ein „Zigarettenpfand“. So sollen Raucher*innen effektiv circa 4 Euro Pfand pro Schachtel zahlen, die sie dann samt der ausgerauchten Stummel wieder zurückgeben. Das solle wirken, denn laut von Orlow sei „die Geldbörse […] schon immer der wirksamste Mechanismus, notwendige Maßnahmen durchzusetzen“ gewesen. Du kannst du die Kampagne durch deine Unterschrift und Weiterleiten der Petition unterstützen.